Jeder von uns setzt sich in seinem Leben mit Gesundheit und Krankheit auseinander. Bei einigen ist der Kampf ein größerer als bei anderen, aber wir alle werden mal krank. Oft wissen wir nicht, wieso wir krank sind oder uns nicht wohlfühlen. Eine mögliche Antwort darauf ist:
Stress kann in unserem Körper schwere Schäden verursachen. Den meisten ist nicht bewusst, dass Stress nicht nur psychische Folgen, sondern auch Auswirkungen auf unsere physische Gesundheit hat. Wenn wir Stress empfinden werden Signale durch unseren ganzen Körper geschickt, die uns auf eine riskante Situation vorbereiten sollen. Diese Reaktion ist aber oft nicht nötig, da der Stress ohne einen validen Grund entsteht.
Stress kann durch diese Signale beispielsweise Hormone und entzündungsfördernde Substanzen in unserem Körper freisetzten. Diese Stoffe fördern dann die Entzündungsrate in unserem Körper und können Organe, Gelenke, Knochen und vieles mehr angreifen. Stress stellt somit einen Risikofaktor für viele Krankheiten wie Schlaf- und Angststörungen oder auch körperliche Erkrankungen wie Diabetes Typ 2 oder Gastritis dar.
Es wird trotz dieser Symptome und Auswirkungen des Stresses oft nicht richtig darüber aufgeklärt, wie man den Stress bewältigen kann. Vielen Menschen fällt es schwer, ihren Stress loszuwerden und meist haben sie auch keine Zeit dafür, wodurch sich der Stress weiter potenziert. Eine schnelle und einfache Lösung liegt uns allen aber direkt vor der Nase:
Während meiner Zeit im Blütenhof habe ich gelernt, was unsere Atmung alles beeinflusst und wie sie meinen Stress lindern kann. In Seminaren oder Workshops wurde die Atmung immer wieder als ein essenzieller Bestandteil der Erhaltung unserer Gesundheit dargestellt. Die richtige Atmung war oft ein Schlüsselfaktor für die meisten Übungen und war bei den Workshops nicht wegzudenken.
Nach diesen Anregungen habe ich mich gefragt, wie unser Atmungssystem eigentlich funktioniert und wie es sein kann, dass unsere Atmung einen so großen Einfluss auf unsere körperliche aber auch unsere psychische Gesundheit haben kann.
Mittlerweile weiß ich, dass unsere Atmung der Gasaustausch mit unserer Umgebung ist. Der Sauerstoff aus der Luft wird in der Lunge gegen Kohlendioxid aus dem Stoffwechsel der Zellen ausgetauscht, wodurch in unserem Körper weiterhin Energie produziert werden kann.
An diesem Ablauf sind zwei Prozesse beteiligt:
Das Herz-Kreislauf-System, bei dem der Sauerstoff zum Gewebe transportiert wird und das Kohlendioxid von den Geweben zur Lunge.
Der zweite Prozess ist das Atmungssystem. Dieses belädt das Blut mit Sauerstoff und atmet das Kohlenstoffdioxid aus. Diese beiden Systeme sind anatomisch untrennbar und können ohne einander nicht funktionieren. Fällt eines der beiden aus, schaltet auch das andere kurz danach ab.
Diese Erkenntnisse haben mir deutlich gemacht, dass die Atmung direkten Einfluss auf unsere Organe und unseren Blutfluss haben kann. Somit können wir auch aktiv Einfluss auf unseren Körper haben, in dem wir unsere Atmung in beispielsweise Stresssituationen so anpassen, dass die körperlichen Symptome des Stresses gelindert werden und somit auch das Gefühl des Stresses langsam schwindet.
Nun stellt sich natürlich die Frage, wie genau man denn atmen muss, um einen Unterschied zu merken beziehungsweise diese Ergebnisse zu erzielen. Hier ist es wichtig zu sagen, dass es sehr viele unterschiedliche Arten von Atemübungen gibt, die auf verschiedene Ergebnisse abzielen.
Es gibt eine Atemtechnik, die auch als Atemleiter bezeichnet wird. Bei dieser atmet man zum Beispiel vier Sekunden ein und sechs Sekunden aus. Diese Zahlen können nach den individuellen Kapazitäten angepasst werden, es sollte aber immer darauf geachtet werden, dass das Ausatmen zwei Sekunden länger ist als das Einatmen. Doch es ist nicht nur wichtig, in welchen Intervallen geatmet wird, sondern wie genau geatmet wird. Durch die Brust, den Bauch...?
Besonders in Stresssituationen atmen wir flach oder haben das Gefühl, dass wir gar nicht mehr atmen können. Eine gezielte Bauchatmung ist hier schwer, allerdings lässt sich diese erlernen.
Bei der Bauchatmung senkt sich das Zwerchfell (ein Muskel unterhalb der Lunge) beim Einatmen ab und vergrößert so den Raum im Brustkorb, wodurch sich die Lungen füllen können. Der Bauch dehnt sich dabei nach außen. Beim Ausatmen hebt sich das Zwerchfell wieder an, der Brustraum wird kleiner und die Luft wird nach draußen gedrückt.
Die Bauchatmung kann gezielt erlernt werden, was sowohl im Alltag, aber auch Zuhause in Ruhe gemacht werden kann. Sinnvoll ist es, sich einen ruhigen Ort zu suchen, an dem man es sich bequem machen kann. Anschließend werden die Hände auf den Bauch und die Brust gelegt, damit die eigene Atmung besser wahrgenommen werden kann. Nun nimmt man tief Luft. Hier sollte tief durch die Nase eingeatmet werden, wobei man spüren sollte, wie sich die Bauchdecke nach außen hebt. Die Brust sollte sich dabei so wenig wie möglich bewegen, da sonst die Atmung nicht richtig durchgeführt wurde. Anschließend sollte langsam durch den Mund ausgeatmet werden, wobei man spürt, wie sich der Bauch wieder senkt. Es sollte darauf geachtet werden, dass das Ausatmen länger andauert als das Einatmen. Dieser Prozess sollte nach Bedarf für ein paar Minuten wiederholt werden.
Dieser Prozess kann gut vor dem Schlafengehen oder beim Meditieren durchgeführt werden. Doch auch im stressigen Alltag kann dieser beispielsweise auf der Arbeit oder in der Bahn durchgeführt werden. Es reicht, sich an diesen Orten aktiv auf die Atmung zu konzentrieren. Auch beim Gehen kann die Bauchatmung geübt werden. Hier kann die oben beschriebene Atemtechnik, die Atemleiter, verwendet werden. Jeder Schritt symbolisiert hier eine Sekunde, die Atmung sollte man nach den eigenen Kapazitäten anpassen. Es wird gesagt, dass unser Gehirn ungefähr zwischen 25 bis 40 Stunden an Übungszeit braucht, um einen Prozess zu verinnerlichen. Nach dieser Zeit kann unser Körper die Atemtechniken schon fast von allein durchführen.
Atemtherapeutin Anke Grabow nutzt das Potenzial der Atmung. Über die Wahrnehmung anhand von praktischen Übungen und angeleiteter Selbsterfahrung werden der eigene Atemrhythmus gefördert und der Atemfluss gestärkt. Im Blütenhof gibt sie einen Einblick in die Wirksamkeit der achtsamen Hinwendung zum Atem und der natürlichen Pause zwischen Ein- und Ausatmung:
Nicht nur unser Stressmanagement profitiert von einer richtigen Atmung, auch andere Prozesse in unserem Körper können Vorteile daraus ziehen. Ein gezieltes und geübtes Atmen kann man auch als Muskeltraining bezeichnen. Bei Übungen für die Bauchatmung werden Muskeln im Bauch- und Brustbereich trainiert, die unter anderem unseren Rücken stärken können. Somit kann durch das Üben einer guten Atmung auch präventiv gegen Rückenschmerzen gearbeitet werden. Durch das richtige Sitzen und die Wahrnehmung des Körpers bei den Atemtechniken lassen sich auch Nacken- und Schulterbeschwerden lindern. Dies kann schlussendlich zu der Mobilisierung unserer Wirbelsäule beitragen.
Zudem kann durch gezieltes Atmen durch den Bauch auch der Puls und somit die Herzfrequenz gesenkt werden. Generell liegt eine große Korrelation zwischen der Atmung und dem Herzen vor, wie auch schon im vorherigen Teil deutlich wurde. Zurzeit wird diese Korrelation noch tiefer erforscht als zuvor. Ein Beispiel ist das Phänomen der sogenannten respiratorischen Sinusarrhythmie. Unter diesem Phänomen versteht man die ausgelöste Unregelmäßigkeit im Sinusknoten, welches dem Herz „den Takt“ vorgibt. Diese Unregelmäßigkeit entsteht, da das Herz beim Atmen immer geringfügig schneller schlägt und beim Ausatmen wieder langsamer. Das Herz würde ohne diesen Effekt weit über die durchschnittlichen 60 Herzschläge pro Minute kommen. Der Effekt der respiratorischen Sinusarrhythmie wird momentan von dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) untersucht.
Es war schon zuvor klar, dass durch die Herzfrequenz Rückschlüsse auf die Lebenserfahrung von Menschen gemacht werden kann. Allerdings wurde hierbei immer der gesamte Atemzyklus beobachtet, was in den Studien der TU in München nun geändert wird. Diese Teams schauen nur auf das Ausatmen der Menschen und somit auf die respiratorische Sinusarrhythmie.
Dass hier nicht nur das Herz eine Rolle spielt, scheint im ersten Augenblick nicht eindeutig. Das Gehirn oder genau genommen der Vagus Nerv sendet Signale an den Sinusknoten am Herzen, der dann die Schläge des Herzens an die Bedürfnisse des Menschen anpasst. Man kann es sich wie eine durchgehende Bremse vorstellen, die immer bereit ist, die Geschwindigkeit anpassen zu müssen.
Abgesehen von der Technik der Bauchatmung ist das langsame Atmen ein wichtiger Faktor bei den Atemübungen. Die bereits erläuterten Effekte können am besten bei einem Durchschnitt von ungefähr sechs Atemzügen pro Minute erzielt werden. Durchschnittlich atmet ein Mensch im Übrigen 12 bis 18 Mal pro Minute. Durch eine langsame Atmung wird übrigens auch unser körpereigenes Opioid-System angeregt, womit ein schmerzlindernder Effekt in unserem Körper entsteht.
Das Wissen über unsere Atmung ist bei vielen Menschen sehr gering. Es wird nicht in der Schule gelehrt und meist auch nicht aus eigener Initiative angeeignet. Den meisten Menschen ist somit nicht bewusst, wie wichtig ihre Atmung ist und welche Vorteile die richtige, gesunde Atmung auf sie haben kann. Eine Veränderung der Atmung kann, wie in diesem Artikel dargelegt wurde, einen großen Unterschied für unsere Gesundheit machen und ist sowohl kurzfristig und zeitsparend umsetzbar.
Literatur: