„Was darfst du überhaupt noch essen?“ Diese Frage habe ich als Veganerin schon oft gehört und „auf Käse und Joghurt könnte ich nie verzichten!“. Verzichten, da ist es, das böse Wort, das beim Thema Ernährung so oft unerwünscht mitschwingt.
Niemand von uns mag es auf etwas zu verzichten. Allein der Gedanke, dass wir etwas aufgeben sollen bereitet den meisten Menschen neben einem Anflug von Trotz (Ich darf essen worauf ich Lust habe!) auch einen Heißhunger auf genau dieses Essen.
Und doch entscheiden sich heute immer mehr Menschen für eine vegetarische oder vegane Ernährung.
Veganer*innen in Deutschland und weltweit
Laut dem BMEL Ernährungsreport 2021 liegt der Anteil der sich vegan ernährenden Personen, das heißt Menschen, die ganz bewusst auf tierische Erzeugnisse in ihrer Ernährung verzichten, in Deutschland bei circa 2%. Die Gruppe der Vegetarier*innen kommt auf ungefähr 10%. Das entspricht 1,58 Millionen Veganer*innen und 7,9 Millionen Vegetarier*innen. Weltweit beträgt der Anteil von Veganer*innen sogar 6%, das heißt um die 500 Millionen Menschen ernähren sich vegan. Bei den Vegetarier*innen sind es sogar mehr als 1 Milliarde Menschen.
Spannend dabei ist vor allem, dass Europa und Nordamerika den geringsten Anteil an Veganer*innen haben. Führend ist Asien gefolgt von Afrika.1 Eine pflanzliche Ernährung ist somit nicht einfach ein neues Trendthema, sondern eine Ernährungsform, die weltweit schon seit vielen Jahrzehnten gelebt wird.
Und doch hat das Thema vor allem in jungen Jahren einen Aufschwung erlebt und immer mehr Menschen entscheiden sich für diese Ernährungsweise. Ihre Gründe sind vielfältig und reichen über den Umwelt- und Tierschutz bis hin zur Erhaltung und Förderung ihrer Gesundheit.
Auch mein Weg zur veganen Ernährung wird von diesen Themen begleitet, angestoßen von meinem Wunsch, eine Ernährungsform zu finden, die zu mir passt, mir Freude bereitet und vor allem meiner Gesundheit guttut.
Ernährung ist komplex: von Gewohnheiten und Erziehung
Mit Erreichen der Volljährigkeit habe ich angefangen mich mit meiner Ernährungsweise zu beschäftigen. Als erwachsener Mensch wurde von mir erwartet, in vielen Bereichen meines Lebens von nun an Verantwortung für mein Handeln zu übernehmen und durchdachte Entscheidungen zu treffen. Dazu gehört eben auch regelmäßig Gemüse auf den Teller zu bringen, anstatt das Abendessen bequem bei McDonalds zu holen. Ich wollte gute Entscheidungen für meinen Körper treffen, also beschloss ich meine Ernährung einmal ganz neu aufzukrempeln.
Mit dieser Entscheidung bin ich nicht allein. Bei einer Umfrage der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2017 gibt jede zweite Person an, schon einmal versucht zu haben, die eigene Ernährung umzustellen.2 Und doch sind gesundheitsgefährdende Probleme wie Übergewicht und Fehlernährung in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Warum ich und viele andere dann doch scheitern liegt daran, dass ein wichtiger Punkt oftmals außer Acht gelassen wird:
Die Einflüsse auf unser Essverhalten sind vielschichtig!
Neben physiologischen Vorgängen wie dem Hunger- und Sättigungsgefühl spielen auch kulturelle und soziale Faktoren, beispielsweise der sozioökonomische Status und wie sich unser Umfeld ernährt, eine Rolle bei der Ernährung.
Aber auch die Erziehung prägt unsere Essgewohnheiten, zum Beispiel wenn die Eltern gewisse Nahrungsmittel als Belohnung eingesetzt oder sie eisern an der Regel festgehalten haben, dass der Teller immer anstandslos (und dabei ohne Beachtung des körpereigenen Empfindens) leer gegessen wird.
Zudem wirkt die Umwelt, in der wir leben auf uns ein und beeinflusst direkt die Entscheidungen, die wir in unserem alltäglichen Leben treffen. Beispielsweise wenn statt einer schön angerichteten Obstschale ein Teller mit Süßigkeiten immer griffbereit auf dem Tisch steht.
Auch motivationale Aspekte wie Gewohnheit, Einfachheit, der Genuss und der Preis nehmen einen Einfluss auf unseren Einkauf und Konsum.
Und viele werden es kennen, Essen auch als emotionsregulierende Komponente einzusetzen; sich bei Stress oder Traurigkeit etwas zu gönnen, denn „das braucht man jetzt einfach!“3
Seine eigenen Gewohnheiten zu kennen und sich Verhaltensmustern bewusst zu werden ist der erste Schritt, um diese anschließend ändern zu können. Nur so können Vorsätze in die Tat umgesetzt und neue Gewohnheiten etabliert werden.
Das Thema Ernährung ist sehr individuell und das ist auch der Weg, der am besten zu uns passt.
Gesund- Was bedeutet das eigentlich?
Das eine ausgewogene Ernährung nicht nur aus Pasta, Pommes, Schokolade und Eis bestehen kann ist wohl den meisten klar und entsprach daher nicht meiner Absicht, von nun an auf meine Ernährung zu achten. Etwas gesünder sollte es also sein, eher für das besser (darüber) fühlen als wirklich besser leben. Das führte mich zu einer wichtigen Frage: Was bedeutet gesund denn eigentlich?
Das zu bestimmen ist gar nicht so leicht, denn es gibt eine Vielzahl von Definitionen und keine Einigung auf „die eine richtige“. Eine schnelle Google Suche bescherte mir ein schir endloses Meer an Meinungen, eine großzügige Portion Schuldgefühle und jede Menge Listen an sogenannten „ungesunden Lebensmitteln“. Und da sind sie wieder, die Verbote. Der Verzicht.
Anstatt mich informiert, und motiviert zu fühlen verspürte ich Überforderung und Hilflosigkeit.
Ich war eher abgeschreckt als ermutigt.
Dies ist ein Grund warum Expert*innen heute davon abraten, die Begriffe „gesund“ bzw. „ungesund“ im Sprachgebrauch über Ernährung zu nutzen.4 Es führt zu einem Schubladendenken, zu einer Einteilung in Kategorien, die höchst selektiv und limitierend wirken und immer im Kontext zu betrachten sind. Denn die Frage „Ist ein Apfel gesund?“ werden wohl die meisten von uns mit einem Ja beantworten. Und was ist nun, wenn wir Spinat ins Spiel bringen. Wird der Apfel dann plötzlich weniger gesund, weil er im Vergleich dann doch mehr Zucker auf die Waage bringt? Und was ist mit dem Stück Schokolade? Ungesund natürlich, schießt es da sofort durch den Kopf. Doch in einem Punkt sind sich viele der Gesundheitsdefinitionen einig, nämlich, dass der Gesundheitsbegriff ganzheitlich betrachtet werden muss.
Die wohl bekannteste und auch heute noch weit genutzte Definition von Gesundheit geht auf die WHO aus dem Jahr 1948 zurück:
„Gesundheit ist ein Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen.“ 5
Gesundheit wird hier als ein positives Konzept beschrieben, dass neben körperlichem Empfinden auch die geistige Komponente von Gesundheit benennt. Wenn man nun das Stück Schokolade erneut betrachtet, kann es in einem bestimmten Kontext maßgeblich zur mentalen Gesundheit beitragen, einem wichtigen Bestandteil unserer Gesundheit. Ganz schön kompliziert….
Alternativen statt Verbote
…Aber das muss es nicht sein! Sich ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie man sich täglich ernährt, welche Lebensmittel dem eigenen Körper guttun und an welchen Stellschrauben man noch ein bisschen drehen kann, ist schon einmal ein guter Anfang. Sich das Ziel zu setzen, durch die Umstellung auf eine vollwertige Ernährung langfristig in die eigene Gesundheit zu investieren und eine echte Bereitschaft zur Veränderung zu entwickeln, ist bewundernswert und etwas, auf das man stolz sein kann.
Um sich nun durch den dichten Dschungel an (teils widersprüchlichen) Informationen zu kämpfen ist es ratsam, sich einige wenige Quellen auszusuchen, die wissenschaftlich fundiert und damit vertrauenswürdig sind. Eine Auswahl an solchen Quellen sind unter dem Artikel verlinkt. Auch ich habe nach mehreren gescheiterten Versuchen erkannt, dass gesunde Ernährung gar nicht so kompliziert sein muss.
Viel Obst und Gemüse auf den Teller (5 Portionen am Tag), zu Vollkornprodukten greifen, gesunde Fette wählen, an Zucker und Salz sparen, tierische Produkte in Maßen verzehren, alles möglichst schonend zubereiten und dazu viel Wasser und/oder ungezuckerte Kräuter- und Früchtetees trinken.6
Keine bahnbrechenden Informationen und doch war diesmal etwas anders: Ich habe mir Zeit gegeben. Weg von Verboten und hin zu Neuem. Sich bestimmte Nahrungsmittel zu verbieten ist selten erfolgreich noch sinnvoll. Das ist nur einer der Gründe, warum Diäten meist scheitern. Und sind wir doch einmal ehrlich. Wer möchte denn wirklich sein Leben lang auf etwas verzichten müssen, ständig mit der Versuchung ringen und wehmütig zusehen, wie die beste Freundin das Stück Torte isst, dass man doch insgeheim auch gerne bei sich auf dem Teller hätte. Das führt zu Frust, Trotz, Wut und gelegentlicher Scham und Selbstvorwürfen, wenn dann doch mal der Wille zu widerstehen „nicht stark genug ist“. Das kann nicht der Weg zu Glück und Zufriedenheit sein.
Besser ist es, den Fokus darauf zu legen, günstigere Alternativen zu finden. Vollkornprodukte statt Weißmehl, Naturjoghurt mit frischem Obst statt gekauftem Fruchtjoghurt oder selbstgemachte Pommes aus dem Ofen statt von der Pommesbude. Ein bisschen Salat untermischen oder zu Mahlzeiten einen Beilagensalat zubereiten, eine Portion Gemüse extra auf den Teller, selbst würzen statt fertigen Gewürzmischungen nehmen (die oft viel Salz und Zucker enthalten) und die Sauce oder das Salatdressing selbst anrühren. Das alles sind nur ein paar Ideen, wie kleine Veränderungen schon einen Beitrag zu einer vollwertigen Ernährung leisten können. Alle, die es gerne süß mögen (wer nicht??), können statt Haushaltszucker natürliche Süßungsmittel verwenden und die Menge im Laufe der Zeit reduzieren.
Klingt gut, aber im Alltag fehlt dafür oft die Zeit oder die Motivation. Einfach soll es sein, schnell gehen und dann auch noch allen schmecken. Und die wenigsten von uns haben Lust, im Supermarkt endlos lang Zutatenlisten zu studieren und Produkte zu vergleichen. Das ist auch gar nicht nötig, denn ein paar einfache Faustregeln können aushelfen:
Zum einen sollte zu möglichst unverarbeiteten Lebensmitteln gegriffen werden, zum anderen gilt: Je kürzer die Zutatenliste desto besser.
Pflanzliche Ernährung – der Weg zu mehr Gesundheit?
Während ich angefangen habe, Nahrungsmittel nach und nach durch gesundheitsfördernde Alternativen zu ersetzen, beschäftigte ich mich gleichzeitig immer mehr mit der Wissenschaft dahinter.
Besonders das Buch "How not to die“ von Dr. Michael Greger war für mich ein wahrer Augenöffner. In dem Werk werden beeindruckende Studien vorgestellt, die zeigen, dass was wir essen einen maßgeblichen Anteil daran trägt, ob wir gesund bleiben oder krank werden. Dabei wird auf eine Reihe von Krankheiten eingegangen, die in unserer westlichen Gesellschaft heutzutage sehr verbreitet sind. Das „gesunde“ Ernährung wichtig für unsere Gesundheit ist, ist vielen bewusst, aber wie stark dieser Zusammenhang wirklich ist, hat mich überrascht und inspiriert. Vor allem in Anbetracht des demographischen Wandels, der Kostensteigung im Gesundheitssektor und der Epidemie von chronischen Krankheiten ist es ausschlaggebend anzuerkennen, welch großen Einfluss unsere Ernährung in der Prävention und Behandlung von Krankheiten hat. Ich kann das Buch daher sehr empfehlen und bin schockiert, dass diese Erkenntnisse nicht mehr Aufmerksamkeit erlangt haben, da sie das Potenzial tragen, die Gesundheit jede*r Person und so auch unser Gesundheitssystem langfristig zu verändern.
Ich werde den Rest meines Lebens in diesem Körper verbringen, der tagein tagaus so viel für mich tut. Zu lernen, was manche Lebensmittel günstiger für die Gesundheit macht als andere und zu verstehen, wie bestimmte Nahrungsmittel im Körper wirken und welche Prozesse dahinterstehen, all das lässt mich durchdachte Entscheidungen treffen und aufkommende Ernährungstrends kritisch hinterfragen. Wenn ich mir vorstelle, wie ich meinem Körper durch meine bewusste Ernährung etwas Gutes tue, dann macht es mir gleich viel mehr Spaß „gesund“ zu kochen und zu essen.
Sich sein warum bewusst zu machen kann hilfreich sein, die eigene Motivation aufrechtzuerhalten und vor allem Freude an dem Prozess zu finden.
Und Gründe für eine ausgewogene Ernährung gibt es genug:
Eine ausgewogene Ernährung fördert die Verdauung und beugt so Magen-Darm-Beschwerden vor, gibt Energie für den Alltag und wirkt sich auch auf unser psychisches Wohlbefinden aus, indem sie die Stimmung heben, die Motivation steigern und bei Stress helfen kann.7
Unsere Ernährung spielt zudem eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Krankheiten, wie Diabetes Mellitus, Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems und Krebserkrankungen. Das alles sind sogenannte Zivilisationskrankheiten, also Erkrankungen, die wir selbst durch unseren Lebensstil in ihrer Entstehung und ihrem Verlauf beeinflussen und heute für den Großteil der Sterbefälle in Deutschland und der EU verantwortlich sind.8 Fast jeder fünfte Todesfall in Deutschland kann auf eine schlechte Ernährungsweise zurückgeführt werden.9
Das National Cancer Institute in Bethesda, USA hat in einer Studie neun Krankheiten identifiziert, die mit dem Verzehr von Fleisch im Zusammenhang stehen: Krebs, Herzkrankheiten, Atemwegserkrankungen, Schlaganfall, Diabetes Typ 2, Infektionen, Alzheimer, Nierenerkrankungen und chronische Lebererkrankungen. Eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel Gemüse und Obst senkt hingegen das Erkrankungsrisiko für viele Zivilisationskrankheiten.10
Abbildung: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD): State of Health in the EU Deutschland Länderprofil Gesundheit 2019.
Zudem ist Übergewicht ein bedeutender Risikofaktor für Zivilisationskrankheiten.9
In den letzten Jahren hat der Anteil an übergewichtigen und adipösen Menschen stark zugenommen. 2021 betrug dieser in Deutschland rund 61% bei den Männern und 47% bei den Frauen.11 Eine Untersuchung von Forschenden der Universität Halle-Wittenberg zeigt, dass in Deutschland allein in 2019 160.000 Tode auf Übergewicht zurückzuführen sind.12
Mehrere Studien legen offen, dass der BMI (Body-Mass- Index: eine Maßzahl zu derer Bestimmung das Körpergewicht und die Körpergröße eines Menschen in Relation gesetzt werden) bei Mischköstler*innen durchschnittlich am höchsten und bei Veganer*innen am niedrigsten ist.13 Das bestätigt auch eine großangelegte Studie des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Kooperation mit dem Uniklinikum Leipzig, bei der die Ernährung von fast 9.000 Personen untersucht wurde. Das Ergebnis: Je seltener tierische Nahrung auf dem Speiseplan einer Person steht, desto geringer ist im Schnitt ihr Body-Mass-Index und damit ihr Körpergewicht.14
Grund dafür könnte zum einen der niedrige Anteil an stark verarbeiteten Nahrungsmitteln in einer veganen Ernährungsweise sein, was sich wiederum positiv auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auswirkt. Eine Analyse von vier Langzeitstudien ergab, dass die Mortalität durch eine ischämische Herzkrankheit bei Veganer*innen um 26% niedriger war als bei fleischessenden Personen. Neuere Meta-Analysen bestätigen diese Ergebnisse und führen sie auf eine geringe Aufnahme an gesättigten Fettsäuren zurück, die sich in günstigeren Blutwerten auszeichnen.15
Zum anderen enthalten pflanzliche Lebensmittel mehr Ballaststoffe und wirken dadurch sättigend.
Aufgrund ihrer höheren Zufuhr von Ballaststoffen haben Veganer*innen darüber hinaus ein deutlich geringeres Risiko für die Entwicklung von Diabetes Mellitus Typ 2. Eine Studie aus den USA und Kanada mit über 60.000 Teilnehmenden legte offen, dass das Risiko an Diabetes zu erkranken durch eine vegane Ernährung um etwa die Hälfte gesenkt wurde gegenüber einer Ernährung mit Fleisch.15
Auch an Krebs erkranken Veganer*innen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung seltener. Die Adventist Health Study 2 kommt zu einem um 16% geringeren Gesamtkrebsrisiko gegenüber Mischköstler*innen. Bei Frauen-spezifischen Tumoren ist das Risiko sogar um 34% gesenkt. Ursache sind neben den bereits genannten förderlichen Faktoren die erhöhte Zufuhr an antioxidativ wirkenden Inhaltsstoffen, die insbesondere in Obst und Gemüse zu finden sind, sowie weitere sekundäre Pflanzenstoffe und das Meiden von rotem und verarbeitetem Fleisch.15
Das alles sind nur ein paar Studienergebnisse, die zeigen, wie eine pflanzliche Ernährung unsere Gesundheit erhalten, schützen und fördern kann. Weitere Forschung in diesem Gebiet wird zukünftig sicherlich viele spannende Erkenntnisse bringen.
Ob eine vegane Ernährung letztlich gesund und ausgewogen ist, hängt wie bei anderen Ernährungsformen von der Auswahl und Zubereitung der Nahrungsmittel ab. Seit den letzten Jahren gibt es eine wachsende Auswahl an veganen Produkten in Supermärkten, was den Umstieg auf diese Ernährungsweise wesentlich erleichtern kann und alle Menschen einlädt, vegane Lebensmittel auszuprobieren und ab und zu in ihre Ernährung zu integrieren. Allerdings sind viele Ersatzprodukte (nicht alle!) stark verarbeitet, kalorienreich und nährstoffarm und ihnen sind Fette, Salz und Zucker zugesetzt.
Auch hier gilt die Faustregel einen Blick auf die Inhaltsstoffe und Anzahl der Zutaten zu werfen.
Möglichst unverarbeitete, natürliche Nahrungsmittel sollten den Großteil des Speiseplans ausmachen.
Für wen ist die vegane Ernährung geeignet?
An dieser Stelle soll erwähnt sein, dass bei gesunden Erwachsenen nichts gegen eine vegane Ernährung einzuwenden ist. Wie auch bei der omnivoren Ernährung (Mischköstler*innen) kommt es auf die Auswahl und Kombination der Lebensmittel an, um eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen sicherzustellen. Sinnvoll kann es daher sein, regelmäßig beim Hausarzt oder der Hausärztin seine Blutwerte untersuchen zu lassen. Das gilt auch für nicht vegan lebende Menschen, denn jede*r sollte sich mit der eigenen Nährstoffversorgung auseinandersetzen.
Um Mängel vorzubeugen, müssen bei der veganen Ernährung einige wenige Nährstoffe supplementiert werden. Das klingt aber weitaus komplizierter als es ist, denn pflanzliche Nahrungsmittel zeichnen sich durch eine hohe Nährstoffzusammensetzung aus. Informationen dazu und zur Supplementierung sind unter dem Artikel verlinkt.
Umstritten ist die vegane Ernährung zurzeit für Säuglinge und Kinder sowie Schwangere, Stillende und ältere Menschen. Eine Beratung kann helfen, die individuelle Situation abzuklären.16
Und wie geht das nun, vegane Ernährung?
Viele Rezepte, die wir liebgewonnen haben und nicht aufgeben wollen, lassen sich durch ein paar kleine Änderungen ausgewogener gestalten und vegan zubereiten. So können bei einer traditionellen Bolognese die Weißnudeln durch Vollkornnudeln und das Hackfleisch durch braune Linsen ersetzt werden. Das Ganze kann auch mit etwas Gemüse aufgewertet werden. Ich liebe es zum Beispiel Möhren, Champignons, Zucchini und Brokkoli hineinzuschneiden. Statt der Fertigsauce greife ich zu passierten Tomaten und einem Schuss Tomatenmark und runde das Gericht mit italienischen Gewürzen ab.
Unkompliziert, schnell und so lecker!
Und auch beim Backen gibt es viele Rezepte, die auf gesundheitsgünstigere Komponenten setzten und dennoch genauso gut (wenn nicht sogar besser) schmecken.
Das Internet ist heute mit zeitschonenden, budget- und familienfreundlichen veganen Rezepten gefüllt, die Lust zum Ausprobieren machen. Und auch der Gang in die Buchhandlung bietet eine Vielzahl an veganen Koch- und Backbüchern für alle Situationen und Anlässe. Um bei dieser Informationsfülle nicht wieder in die gefürchtete Überforderung zu geraten, habe ich ein paar Tipps zusammengestellt, wie es im Alltag mit der veganen Ernährung klappen kann:
Wie die Umstellung auf eine vegane Ernährung gelingt
Sich Zeit lassen
Als ich mich entschlossen habe, mich gesünder zu ernähren, habe ich nie darüber nachgedacht, Vegetarierin, geschweige denn Veganerin zu werden. Mit der Zeit habe ich immer weniger tierische Produkte konsumiert, ein stärkeres Bewusstsein für das Thema Veganismus entwickelt und gemerkt, dass ich gut ohne tierische Produkte leben kann. Für manche Menschen mag es gut funktionieren, von einem Tag auf den nächsten komplett zuckerfrei zu leben und/oder Veganer*in zu werden, aber es langsam anzugehen und sich an das Thema heranzutasten ist ein guter Start. Zum Beispiel kann das Ziel sein, erst einmal ein veganes Gericht am Tag zuzubereiten und dann Schritt für Schritt mehr Mahlzeiten zu veganisieren oder mal eine vegane Woche oder einen veganen Monat auszuprobieren (z.B. am Veganuary teilnehmen). Das kann auch eine Challenge sein, die man sich setzt oder mit Freunden gemeinsam durchführt.
Nicht nur weglassen, sondern auch hinzufügen
Letztlich hängt vieles im Leben davon ab, aus welcher Perspektive wir es betrachten. Es gibt Produkte, die ich als Veganerin bewusst nicht konsumiere, dennoch habe ich nicht das Gefühl auf etwas verzichten zu müssen, sondern fühle mich durch meine Ernährungsform bereichert.
Auf meinem Weg habe ich eine Vielzahl von leckeren Nahrungsmitteln entdeckt, die ich vorher nicht kannte. Tempeh zum Beispiel, ein traditionelles Fermentationsprodukt aus Sojabohnen, das ursprünglich aus Indonesien stammt. Aber auch verschiedene Arten von Linsen und Bohnen, Kichererbsen, Tofu (der sehr vielseitig ist und so viel besser schmeckt als sein Ruf ahnen lässt), Quinoa, Couscous, Buchweizen und Co. Und wer hätte gedacht, dass sich ganz leicht „Ei“schnee aus dem Abtropfwasser von Kichererbsen, genannt Aquafaba, herstellen lässt?
Um mehr Gemüse in den Alltag zu integrieren lässt sich dieses ganz leicht in Gerichten schmuggeln; ob beim Backen (z.B. schwarze Bohnen in Brownies verstecken), in der Smoothie Bowl (ich verwende gern Spinat oder Blumenkohl) oder beim morgendlichen Porridge (z.B. in dem ich Zucchini hineinraspele). Hört sich etwas verrückt und vielleicht auch nicht besonders lecker an, ist aber in den meisten Fällen überhaupt nicht schmeckbar.
Die vegane Küche ist für mich nicht von Verzicht geprägt, sondern von vielen leckeren, bunten und kreativen Ideen und Möglichkeiten. Von Mut zum Ausprobieren, Neugier und Kreativität.
Je bunter desto besser und das Auge isst mit
Erst durch die Kombination von verschiedenen nährstoffreichen Lebensmitteln wird aus einer einseitigen Essgewohnheit eine vollwertige Ernährungsweise. Den Teller also möglichst abwechslungsreich und farbenfroh zu füllen kann somit auch ein Ziel sein, das zudem schön aussieht und Vorfreude auf das Essen weckt. Sich ein bis zwei Minuten mehr zu nehmen und die Mahlzeiten schön anzurichten kann helfen, die Motivation und Freude am Prozess zu steigern.
Mein Lieblingstipp: Einfach ein paar frische Kräuter darüber streuen und schon sieht das Gericht aus wie vom Lieblingsrestaurant um die Ecke persönlich gekocht.
Die Ernährungsumgebung bewusst gestalten
Kein klassisch veganer Tipp, aber ich finde es sehr hilfreich, die Umgebung, in der man lebt, seinen Ernährungszielen anzupassen. Zum Beispiel statt dem Snackteller frisches Obst in griffweite zu platzieren und Süßes aus dem Blickfeld zu entfernen oder besser gar nicht erst zu kaufen.
Balance finden
Wer seine Ernährung langfristig umstellt wird merken, dass sich auch der eigene Geschmack anpasst. Ich war schon immer eher ein "picky eater“, mochte genau eine Sorte Gemüse (Brokkoli) und eine Sorte Obst (Äpfel, aber natürlich nur eine Art), als ich meine Ernährung geändert habe. Heute freue ich mich beim Einkaufen darüber von der Vielfalt zu wählen. Ich hätte mir nie vorstellen können einmal (ungesüßten) Sojajoghurt zu mögen, geschweige denn ihn Naturjoghurt vorzuziehen oder im Alter von 20 Jahren Porridge als mein Lieblingsfrühstück zu entdecken. Die meisten Süßigkeiten aus dem Supermarkt empfinde ich heute als übersüßt (und das sage ich als absolute Schokoladenliebhaberin) und wenn ich zwischen Fast Food und einer leckeren Salatbowl wählen kann entscheide ich mich lieber für die Bowl.
Ich treffe für mich und meinen Körper den Großteil der Zeit „gesunde“ Entscheidungen. Aber dazu gehört auch gelegentlich das Stück Schokolade, ein leckerer Eisbecher, das Stück Torte und die Pizza. Und zwar ohne es sich „verdienen zu müssen“ oder sich schuldig zu fühlen. Das brauche ich ebenso wie ich den Salat brauche und das ist auch gut so.
Und wem die vegane Ernährung doch zu extrem scheint, kann auch durch den bewusst geringeren Konsum von tierischen Produkte dazu beitragen, der Gesundheit (der Umwelt und den Tieren) etwas Gutes zu tun.
…mehr dazu im Modul „Gesund Ernährt“ im Blütenhof!
Literatur:
Weiterführende Links: